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Conveyer Belt

band: Doxa Sinistra
label: Enfant Terrible
type: LP
Andys Bewertung

4,5 von 5 GNARKS!
 
Frankreich, Belgien und vor allem die Niederlande sind die letzten Jahre immer mehr zu Hochburgen für ungewöhnliche Retro-Electro-Labels geworden. Vor allem Holland ist durch Namen wie Clone oder Bunker international bedeutsam. Ein ganz spezieller Plattenverlag aus diesem Land tritt immer wieder mit außergewöhnlichen Ideen, alten Schätzen und zukunftsträchtigen Neuentdeckungen in Erscheinung:

Die Rede ist von Enfant Terrible, jene Holländer, die unter anderem in Vergessenheit geratene Kultprojekte wie The Actor oder Ende Shneafliet erfolgreich wieder zurück in unsere Mitte bringen konnten. Mit Enfant Terrible Limited (LPs), Enfant Terrible Unlimited (CD), der Petit Enfant Series (7") und Hex Grammophonplaaten (Dark/Wave Vinyl) haben die sympathischen Holländer gleich vier verschiedene ´Produktlinien´ im Angebot, die vor allem durch das sehr breitgestreute Musikspektrum eine variable, ganz eigene Note haben.
 
No Car No Job

"Conveyer Belt" von DOXA SINISTRA, eine Wiederveröffentlichung des gleichnamigen Tapes von 1985, schießt einen zurück in die Post-Industrial-Kultur der 80er Jahre. Das Hörerlebnis ist auf angenehme Weise unangenehm, unruhig, krachig aber gleichzeitig auch minimalpoppig und eingängig.

Ein bisschen Nocturnal Emissions, Throbbing Gristle und auch Cabaret Voltaire schwingt bei jedem der insgesamt zwölf Stücke mit. Und sobald die eher selten vernehmbare Stimme aus den Boxen schallt, muss man schon fast an Gruppen wie Club Moral denken, mit dem Unterschied, dass die Stimme von DOXA SINISTRA noch wesentlich präsenter ist.

Neben dem zu dieser Zeit fast obligatorischen Synth-Geschwurbel kommen Metalpercussions zum Einsatz, allerlei Samples und hin und wieder sehr ausgefallene Tapeschleifen, was vor allem in den letzten 30 Sekunden von "Conveyer Belt" nocheinmal Gänsehaut-provozierend zur Geltung kommt. Mal brodelnd, mal herausfallend poppig, mal verkopft, mal laut ist das Album ein ständiges auf und ab, ein Kommen und Gehen von Eindrücken und dennoch (oder vielleicht gerade deswegen?) wahnsinnig stilsicher.

An der Vorlage von 1985 wurde auf Wunsch der Musiker kaum etwas geändert, von der mediumbedingten, minimal veränderten Songabfolge einmal abgesehen. Das Remastering hat DOXA SINISTRA auch nicht geschadet, bewahrt es "Conveyer Belt" doch davor, zu sehr als nostalgische Randnote wahrgenommen zu werden.
 
DOXA SINISTRA nun final einfach in die Post-Industrial-Schublade zu schieben, würde "Conveyer Belt" einfach nicht gerecht werden. Die Presseinfo bietet im übrigen ganz passable Orientierungshilfen. So ist von ´Industrial Free Jazz´, ´Wild Electronics´, ´Psychedelic Angst Pop´ oder ´Noise Paintings´ die Rede und führt denen, die unbedingt wollen, ein weiteres mal vor, wie nichtssagend doch diese ganzen Genrebezeichnungen letzten Endes sind. ´Avantgarde´ waren DOXA SINISTRA zu ihrer Zeit auf jedenfall und folglich dürfte diese Zuordnung dem Werk wohl eindeutig am besten stehen.

"Conveyer Belt" ist orginell, irgendwie anders und ich bin ehrlich gesagt fast schon ein bisschen gespannt, was Enfant Terrible als nächstes aus den Tiefen der Mottenkiste hervorzaubern werden.

Andy
Enfant Terrible - Label Homepage