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Information Overload

band: Alien Sex Fiend
label: 13th Moon Records
type: CD Album
Andys Bewertung

4 von 5 GNARKS
 
Warum schreibt jemand eine Review zu einer Veröffentlichung, die bereits vier Jahre auf dem Kasten hat und damals zwar von der Presse gefeiert, aber vom Publikum (in Deutschland) weitestgehend ignoriert wurde? Die Antwort ist eigentlich relativ einfach, denn mit der “Batcave Revival-Party”, der ebenfalls vollzogenen Reunion der legendären Dragqueen-Glam-Gruft-Könige Specimen und der jetzt anberaumten gemeinsamen US-Tour mit ALIEN SEX FIEND ist es Zeit, sich einmal mit dem jeweils aktuellsten Vollzeit-Familiennachwuchs der Gothpunk-Urväter auseinanderzusetzen.

Lange war es still im Hause Fiend, Nik konzentrierte sich auf seine Kunstausstellungen und Mrs. Fiend verschwand zeitweise ganz aus der Wahrnehmung der Öffentlichkeit. Allgemein hatte es eher den Anschein, als ob man nun Best-Of über Best-Of und verschiedenste Live- und Wiederveröffentlichungen um die Ohren geschlagen bekommt, um sich aufs Alter hin noch für Independent-Musiker-Verhältnisse gut aushalten zu können. Vielleicht umso überraschender war es dann, als sich ALIEN SEX FIEND Anno 2004 mit dem Erscheinen von “Information Overload” und vereinzelten Live-Gigs (der auf dem Wave-Gotik-Treffen wurde leider krankheitsbedingt abgesagt) zurück meldeten. Zwar hatte ihnen immernoch niemand den in Augen von Fans unverzeihlichen, in distanzierterer Betrachtung aber durchaus interessanten Schwenk in Richtung Techno (Stichwort “Nocturnal Emissions”) wirklich verziehen, aber “Information Overload” konnte zumindest dazu beitragen, die Kritik langsam vergessen zu machen.

Kurz und prägnant sieht anders aus und ist keine Phrase, mit der man das bis heute einzige neue Studioalbum der Fiends zu beschreiben. Die Stücke sind alles andere als kurz, arbeiten mit mantraartigen Wiederholungen, Samplen und – vielleicht ein Relikt der “Nocturnal Emissions”-Phase – mit sehr exponierter, klar erkenntlicher Elektronik. Obgleich kaum eine andere englische Gruftband, wenn man ALIEN SEX FIEND denn so bezeichnen möchte, derartig intensiv mit Synthesizern gearbeitet hat und dadurch einen ganz charakteristischen, stets wiedererkennbaren Sound entwickeln konnte, liegen dennoch Welten zwischen “Curse” und “Information Overload”. Nackter, klarer und in jeder Sekunde dominanter als die Gitarrenparts ist “Information Overload” dennoch weit punkiger als erwartet. Positive Punk wird zu Cyber Punk und doch bleibt die Scheibe ganz ALIEN SEX FIEND, auf eine verkorkste Art und Weise. Das Album hat einen Unterhaltungswert, der einmal mehr die durch langjähriges Drogen-Training gehegte und gefplegte Weirdness von Frontmann Nik Fiend unterstreicht. “Kiss Arse”, “Voices In My Head”, “Mother Fucker Burn” - Man(n) und Frau lassen sich mit Tracklängen von minimal neun Minuten viel Zeit, ein strukturelles Erbe der Techno-Zeit, dass sie skurrilerweise ungemein aktuell macht. Zum Glück kann “Lord Of The Sexual Matrix” das Spiellängendurchschnittsruder mit vier Sekunden nocheinmal ordentlich rumreißen.

“Gotta Have It”, wer die alten ALIEN SEX FIEND mochte, sollte auch den vermeintlich neuen eine Chance geben. Nachdem seit dem Release-Termin von “Information Overload” nur zwei weitere Compilations (“Fiend Club” und “Para Abnormal”) auf den Markt geschwemmt wurden, sollte man versessen auf neues Material unbedingt hier anfangen. Wer weiß, ob und wann die nächste Gelegenheit dazu kommen wird.

Andy

Alien Sex Fiend - Band Homepage