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Electric Ballroom

band: Specimen
label: Metropolis Records
type: CD Album
Andys Bewertung

3 von 5 GNARKS
 
In dem zweiten Teil der Batcave-Urväter-Werkschau steht das aktuelle Werk der legendären SPECIMEN im Mittelpunkt, welches letztes Jahr das Licht der Welt erblicken durfte. Bereits die Wahl des Labels, namentlich Metropolis Records, die wie kein zweites für die amerikanische Missinterpretation des Industrial-Begriffes stehen, beschwor ungute Vorahnungen über die künftige Stilorientierung. SPECIMEN, deren Frontmann Ollie Wisdom 1982 den auch heute noch in Form zahlreicher Huldigungen in Form von Tribute-Samplern etc. in aller Munde befindlichen Batcave-Club gegründet hatte, gehörten zur ersten Generation des ´Gothic Punk´. Auch wenn SPECIMEN stets mehr Glam Rock als Gothic vorlegten, war ihr an die Rocky Horror Picture Show angelegtes Outfit und entsprechende Promofotos für viele zumindest optisch prägend. Das Batcave selbst, regelmäßige Anlaufstelle für Größen wie Nick Cave, Robert Smith oder Marc Almond (wohlgemerkt anfangs ersteinmal als Gäste) war schon zu ´Lebzeiten´ Kult, wobei die ihm heute zugeschriebene Glorie damals so nicht gegeben war, wie Wisdom in mehreren Interviews beteuerte. Dennoch kann mit Fug und Recht behauptet werden, dass das Batcave wie kaum eine andere Location die frühe Entwicklung der britischen Gothic-Musik wenn nicht mitprägte, dann zumindest breit mittrug und förderte.

Auf „Electric Ballroom“ ist von dieser doch relativ bedeutungsschwangeren Geschichte nicht mehr viel zu hören. Wie man schon beim Signing beim Metropolis Records erkennen konnte, haben sich SPECIMEN sehr weit von ihren Wurzeln entfernt und der Glam früherer Tage tritt nur noch bei wenigen Songs in den Vordergrund, wie „White Space“ oder „Lilacs“. Der Rest des Albums greift wie nicht anders zu erwarten und auch in den 80ern schon angedeutete elektronische Parts auf, gepaart mit einem an mehr an Marilyn Manson erinnernenden Gesamtsound auf. Durch diesen schon fast einer Cäsur, einem musikalischen Reinemachen, gleichkommenden Schritt ist „Electric Ballroom“ zwar unverbraucht und jenseits des nicht seltenen ´Wir machen halt nochmal was, die Fans kaufen es doch eh´ zu sehen, entbehrt aber gleichzeitig der allzu typischen SPECIMEN-Elemente. Man könnte glatt sagen, SPECIMEN wurden amerikanisiert, was übrigens auch die Fotos im Booklet vermuten lassen, die mehr Murderdolls als ´Glam Faggot´ (Wisdom über SPECIMEN in den 80ern) sind. Da sich letztendlich jeder weiterentwickelt auch nur eine Randnotiz, die aber eingangs geäußerte Befürchtungen noch einmal unterstreicht. Hörbar ist „Electric Ballroom“ allemal geworden und zum ´Fremdschämen´ wie bei manch anderem Comeback-Versuch ist auch keinerlei Anlass gegeben. Zu den neun Tracks des normalen Albums wurden noch zwei Bonus-Tracks mitgeliefert, von denen die elektronische Neuinterpretation von „Kiss Kiss Bang Bang“ zusammen mit JOHNNY SLUT & FIL OK eindeutig das Rennen gewinnt. Nichts außergewöhnlich großartiges verbirgt sich hier und teilweise befällt einen glatt das Gefühl, dass sämtliche Electro-Neuaufarbeitungen von älteren Gruftschlagern sehr ähnlich sind (man denke nur an die „Spiritual Cramp“-Version von MISSION UK). Spaß machen sie trotzdem. Der letzte Titel im Kreise von „Electric Ballroom“ ist dann „Ticket To Oblivion“, eine relativ üble Techno-Nummer, die den sonst sehr soliden, teilweise guten Eindruck des Albums etwas schmälert. Aber wie gesagt: Metropolis Records lassen grüßen.

Ist das nun also die logische Weiterentwicklung des ursprünglichen Londoner Sounds? In Anbetracht der schon früher getätigten Ausflüge von The Mission oder Rosetta Stone kann man diese These durchaus unterschreiben. „Electric Ballroom“ macht das, was SPECIMEN logischerweise an jugendlicher Unverbrauchtheit hinter sich gelassen haben, durch mehr Rock´n Roll in den Taschen wieder wett. Ob man das nun gut oder schlecht finden soll, sei dem Urteil der Fans überlassen. SPECIMEN-Neueinsteiger werden mit „Electric Ballroom“ auf jedenfall nicht ihr letztes Album dieser auch nach Jahren noch wandlungsfähigen Band gekauft haben.

Andy

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