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Es gibt eine ganz spezielle Art von Band, die man in so ziemlich jeder erdenklichen Sparte der Musikwelt wiederfindet.
Bands, die einfach da sind, über Jahre hinweg CDs veröffentlichen und trotzdem immer knapp am öffentlichen Interesse vorbeischrammten,
ohne es jedoch zu schaffen sich als Liebhaber-Objekt nerdiger Musikfetischisten zu etablieren.
Auch wenn sich heute nahezu der klägliche Rest der weiterverwertbaren Neofolk-Landschaft genau so darstellt - Vorreiter dieses Trends waren PILORI.
Es geschah meist unvorbereitet, man ging auf irgendein Konzert, war angesichts Auslage der anwesenden Plattenhändler etwas
unentschlossen und just in diesem Moment taucht ein Freund und / oder Bekannter auf, der einem die jeweils aktuelle PILORI in die Hand
drückt, sagt "die ist echt nett und besser als die letzte" und schon hat man eine weitere PILORI-CD im Schrank.
Immer und immer wieder taten sie es einem an: Man hoffte darauf, dass endlich mal unter die vielen Nummern so etwas
wie ein ´kleiner Hit´ ist, der für sich selbst steht. Doch PILORI machten einem immer wieder aufs neue einen Strich durch die Rechnung,
immer wieder tauchten neue Möglichkeiten auf, zumindest konzeptionell geniale Songs auf die Mittelklasse zurückzudreschen.
Ähnlich geraten ist nun auch "Until The Day Dawn", die nett ist und sicherlich wieder einmal besser als das letzte Album,
mit dem Unterschied, dass es sich hierbei um DAS letzte Album handelt. Ein finales "Adieu", dass wieder so viele Chancen
ungenutzt lässt. Nicht nur über ihren Langzeit-Kumpel Tony Wakeford, sondern auch durch die eigene Musik kann man PILORI
ein bisschen in Richtung dessen Rücken, was man gerne als ´World-Serpent-Sound´ innerhalb des Neofolk-Genres bezeichnet.
Hin und wieder fühlt man sich aber auch an In My Rosary (z.b. "Love´s Labour´s Lost") oder Ostara ("The Iconoclast") erinnert. Parallelen zu aktuelleren Bands wie Tonal Y Nagual lassen sich aber auch nicht abstreiten. Die Produktion ist gewohnt gut geraten,
die Stimme von Marion Musch (The German Rose McDowall) an den unnötigsten Stellen leider etwas zu dünn geraten, das Artwork ist ok, das Englisch immernoch ein wenig zu ´deutsch´.. Die andere Seite von "Until The Day Dawn" sind virtuos gespielte Instrumente und all jene guten Songideen,
die leider nie konsequent durchgezogen wurden.
Wer jetzt denkt, dass ich PILORI nicht mag oder "Until The Day Dawn" mies finde, der irrt. Ich betrauere höchstens den Umstand,
dass zu einem großen, knalligen Abgang von der Bühne an vielen Stellen nur ein klein wenig gefehlt hat.
Im direkten Vergleich mit bis zum Erbrechen gehypten Bands wie Golgatha, deren mit Vorschusslorbeeren bedachtes, aber
letztendlich völlig enttäuschendes "Tales Of Transgressions & Sacrifice" als wohl größter Fehlgriff in die Geschichte meiner
Plattensammlung einging, spielen PILORI in einer völlig anderen Liga. Und um auf Herrn Wakeford zurückzukommen: "Until The Day Dawn"
steckt auch dessen jüngere Ergüsse (einmal von The Triple Tree abgesehen) absolut in den Schatten. Auch "15", der letzte
Streich von In My Rosary wirkt im Vergleich etwas blass.
"Until The Day Dawn" ist also alles andere als ein schlechtes Album, sondern gute Kost, die sich leider selbst im Weg zu etwas wirklich Großem im Weg steht.
Immer wenn das Tempo hochgeht, alles zu stimmen scheint, stellen sich PILORI selbst ein Bein. Außnahmen bestätigen ja bekanntlich die Regel
und so ist mit "Frozen Sand" ein kleines Juwel entstanden.
Gerade für dieses Fast-Aber-dann-doch-nicht-ganz mag ich sie, stelle "Until The Day Dawn" neben die anderen Alben.
Schade, dass die deutsche Neofolk-Szene um eine kleine, leider oft unbemerkte Band ärmer wurde und immer mehr Pappnasen
das Bild prägen.
Andy
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